Challenger Katastrophe




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Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » Do 30. Jul 2009, 21:40

Gerade schau ich die Dokumentation auf N24.
Das ist ja interessant, ich glaub, hier kann man das downloaden, aber probiert hab ich es nicht.
http://www.otrkey.com/n24/Der_letzte_St ... trkey.html

Ich dachte immer, es seien die Dichtungsringe gewesen, aber da scheint ja noch mehr dahinter zu sein - wie immer.

Bin jetzt gespannt, was noch rauskommt.
Aber für mich hatte diese Katastrophe immer zwei "Folgen", ich denke oft daran, dass die noch lebten, als sie zwei Minuten lang abstürzten und ich hatte Alpträume deswegen, und zum zweiten kann ich kein Feuerwerk mehr sehen, ohne an die Challenger zu denken.
Ich weiß nicht, warum mir das so nahe ging...
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » Do 30. Jul 2009, 21:53

In wikipedia hab ich nun auch was gefunden:

Durch die niedrigen Außentemperaturen während des Starts schlossen die O-Ringe aus Gummi, welche die Spalten zwischen den einzelnen Segmenten abdichten sollten, nicht oder nur unzureichend. Bereits während der ersten Sekunden des Starts ist im Bereich des Boosters, aus dem später die Stichflamme kommen sollte, auf den Aufnahmen der meisten Kameras schwarzer Rauch zu erkennen. Genauere Aufnahmen dieser Stelle wurden jedoch von keiner der Kameras gemacht, die sich in der Gegend befanden, da sich die Stelle in den meisten Blickwinkeln hinter dem Flügel des Orbiters befand.

Man geht davon aus, dass sich während der ersten Sekunden des Starts ein Pfropfen aus Schlacke gebildet hatte, welcher den entstandenen Spalt verstopft hatte, bis das Shuttle während des Starts durch eine starke Windscherung flog und sich dieser durch die Bewegungen des Boosters löste. Als sich der Pfropfen gelöst hatte, strömten mehrere tausend Grad Celsius heiße Abgase aus dem Spalt. Diese starke Scherung lässt sich auf dem Video des TV Van #2 ab 1:43 Minuten erkennen, da die Abgassäule nur Sekundenbruchteile nach dem Durchflug dieser Scherung weit verweht wurde.

Diese heißen Abgase strömten aus dem Booster gegen den Außentank und die untere Verbindung, mit der der Booster am Außentank befestigt war. Als diese nachgab, riss der Booster ab und schlug so gegen den Außentank, dass beide Kammern des Außentanks beschädigt wurden, was zu der Explosion führte.


http://de.wikipedia.org/wiki/STS-51-L

Der Wind (in Hurrikanstärke) hatte vorher schon ein Flugzeug getroffen, und am Kondensstreifen sieht man kurz vor der Explosion noch ein Zickzack, was auf eine Kursänderung (durch Wind) schließen lässt...

Wäre der Wind nicht gewesen und hätte die Schlacke noch eine einzige Minute gehalten, wäre nichts passiert, die Treibstofftanks hätten sich gelöst und das Shuttle wäre in den Weltraum eingetreten. 60 lächerliche Sekunden...
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Dreamer » Do 30. Jul 2009, 22:02

Besonders nach derartigen Katastrophen stellt sich mir immer die Frage, ob wir nicht erst die Probleme auf der Erde lösen sollten, bevor wir ins All fliegen.

Die Raumfahrt beschert uns einiges an Wissen und sorgt für technische Neuerungen - was ein Großteil der Weltbevölkerung gar nicht interessiert, weil sie Hunger leidet.
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » Do 30. Jul 2009, 22:05

So darf man aber nicht denken, weil sonst würden wir noch in den Höhlen hocken, schließlich bietet die Raumfahrt schon auch eine Zukunft.
Das Geld, das in die Raumfahrt geschustert wird, würde sicher nicht für soziale Zwecke verwendet werden. Und denke an all die Arbeitsplätze in Industrie und Forschung.
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Dreamer » Do 30. Jul 2009, 22:14

Na ja, der seinerzeitige Aufschwung der Raumfahrt ist ja eher militärisch bedingt, da bin ich ja eh skeptisch.

Ich kann nicht sagen, dass mich das als Technikfreak nicht fasziniert. Aber natürlich habe ich auch ethische Bedenken. Wer sagt denn, dass man das Geld nicht auch für soziale Zwecke ausgeben könnte? Welche konkreten greifbaren Zwecke hat die Raumfahrt? Auf den Mond zu fliegen, um auf dem Mond gewesen zu sein?

Greifbar ist für mich Telekommunikation über Satelliten, hier ist ein globaler Nutzen erkennbar. Aber ich glaube nicht, dass wir in absehbarer Zeit mal andere Planeten bevölkern werden. Welchen Sinn sollte das auch haben?
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » Do 30. Jul 2009, 22:24

Ich finde dennoch, dass du zu kurzsichtig denkst.
Was wir uns heute als noch nicht möglich vorstellen, kann in 100 Jahren ganz anders sein. Wer sagt, dass Mond und Mars nicht besiedelt werden können? Vielleicht zeigen sich die Außerirdischen doch noch und zeigen uns, wie man Raum und Zeit überwindet...

Die Raumfahrt hat uns viele Erfindungen und Erkenntnisse gebracht und jeder fängt mal klein an. Wäre Kolumbus gleich wieder umgekehrt und kein Schiff mehr gefahren, wüssten wir heute noch nicht, dass es Amerika gibt... obwohl, bei näherer Betrachtung wäre das vielleicht sogar besser :gay:
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Dreamer » Do 30. Jul 2009, 22:34

So weit, wie wir heute schon ins Weltall reingucken können, werden wir in tausend Jahren nicht fliegen können. Wir reden da von Milliarden von Lichtjahren.

Aber diesem Argument kann auch ich mich nicht verschließen:
jeder fängt mal klein an.


Zu Kolumbus: Amerika gab es definitiv schon vorher. Die wären auch ohne unsere "Entdeckung" klargekommen. Die Frage ist, ob es in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben wäre, wenn wir es erst vielleicht einhundert oder zweihundert Jahre später bemerkt hätten. Dann hätten wir auch weniger Probleme mit den jetzigen Einwohnern des nördlichen Teils, die zum allergrößten Teil "Immis" sind.
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » Do 30. Jul 2009, 22:39

Wieso sollen wir nicht so weit fliegen können einmal?
Es gibt bereits Theorien, wie man die Dimensionen für sich benützen kann, leider reicht mein technisches Verständnis nicht sehr weit, aber ich weiß zumindest, dass es Überlegungen gibt.
Nur weil wir uns etwas nicht vorstellen können, heißt es noch lange nicht, dass es das nicht gibt, deshalb müssen wir dennoch Erfahrungen im All sammeln.
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Dreamer » Do 30. Jul 2009, 22:49

Für mich ergibt sich dieser Schluss aus den physikalischen Zusammenhängen. Die Überlegungen um Schwarze Löcher etc. sind für mich noch zu sehr Gedankenexperimente, als dass ich mir vorstellen könnte, das noch mitzuerleben.

Insgesamt gehört für mich jeder Cent, der für Raumfahrt ausgegeben wird, genauso auf den Prüfstand wie jede andere staatliche Ausgabe auch.
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » Do 30. Jul 2009, 22:53

Bin ich nicht ganz deiner Meinung, weil ich finde, dass Forschung und Technik schon ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft ist, und da sparen hieße für mich, am falschen Ende sparen. Genauso wie im Bildungssektor.

Letzendlich hat die Sparwut und der Erfolgsdruck zur Challengerkatastrophe geführt, um den Bogen mal zurückzuschlagen.
Entweder oder.
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Dreamer » Do 30. Jul 2009, 23:00

Bei "entweder oder" bin ich Deiner Meinung. Ich halte es für unverantwortlich, Menschen in so ein Ding zu setzen, wenn nicht alle Unwägbarkeiten ausgeschlossen sind. Sieht man mal von der menschlichen Tragödie für die Angehörigen ab, so kostet auch die Ausbildung der Astronauten eine Menge Geld. Das schmeißt man nicht einfach so weg.
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » Fr 31. Jul 2009, 06:19

Die wussten damals, dass es ein Problem mit den Dichtungsringen gab. In der Früh waren 10cm lange Eiszapfen an der Rakete, sie verschoben den Start um zwei Stunden, in der Hoffnung, das Eis würde schmelzen. Sie wollten den Start ganz verschieben, sie konnten nicht, sie waren schon zwei Wochen hintendran, sie konnten nicht, weil sie aus Kostengründen starten mussten, weil das Raumfahrtprogramm wegen der ewigen Kritik auf der Kippe stand.
Sie sagten, entweder sie halten (die Ringe) oder sie halten nicht, es gab Leute, die bis zur letzten Sekunde versuchten, den Start zu verhindern. Man rechnete damit, dass die Challenger noch am Start explodieren würde, und das hätte sie getan, wenn diese Schlacke nicht den Austritt des Treibstoffs verhindert hätte. Die Katastrophe wäre eine ungleich größere gewesen, kann ich mir vorstellen.

Das Schlimme an der ganzen Sache ist für mich, dass die das wussten, dass sie alle wussten, in was für eine Gefahr sie ihre Astronauten brachten, wie viele haben erst einmal aufgeatmet, als die Challenger wider Erwarten sich in die Lüfte erhob. Und wäre nicht der Wind gewesen, sie hätte es sogar bis ins Weltall geschafft und alles wäre gut gegangen. Aber dann wäre ein anderes Shuttle explodiert, irgendwann...

Gestern habe ich beim Googeln noch einen Bericht über die Columbia Katastrophe gefunden, dort stand, man habe aus der Challenger Sache nichts gelernt. Ich war gestern zu müde, das nachzulesen, werde ich heute im Lauf des Tages tun. Jede Wette, dass es wieder ums Geld ging...
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » Fr 31. Jul 2009, 07:27

Eine interessante Seite dazu: http://www.bernd-leitenberger.de/schlamperei.shtml

Und hier ein interessanter link zur Columbia http://www.efodon.de/html/archiv/weltra ... rophe.html

Wobei ich sagen muss, dass ich gerade letzteren Bericht etwas kritisch sehe. Außerdem ist er veraltet...
Die Spaceshuttles der NASA sind inzwischen fast dreißig Jahre alt und werden (sofern sie nicht verunglücken) wohl noch weitere zehn Jahre im Einsatz bleiben. Angeblich reicht die vorhandene Sicherheit aus. Die beiden Shuttle-Unglücke wurden demgemäß auch nicht durch eine Fehlfunktion in den Shuttles, sondern jeweils durch das Antriebssystem ausgelöst. Das Überschallflugzeug Concorde ist ja inzwischen ebenso alt und fliegt auch noch. Allerdings werden diese Flüge Mitte 2003 eingestellt.
Ok, da war das Concorde Unglück ja auch noch nicht geschehen...

Aber dieser Teil ist interessant:

Vergleicht man nun die Spaceshuttle-Leistungen mit einem Jumbo-Jet: dieser fliegt zwar nur in zehn Kilometern Höhe, maximal in fünfzehn Kilometern Höhe, kann jedoch mehr als vierhundert Menschen transportieren.
Mit diesen Super-Raumfahrzeugen, die Unmengen an Treibstoff verbrauchen, ist also nur ein Bruchteil dessen möglich wie mit den alten SATURN-Raketen. Und das seit rund fünfundzwanzig Jahren immer mit den selben alten Geräten, bei denen inzwischen jeder Start zu einem Glücksspiel wird, weil sich aufgrund der Materialbeanspruchung insbesondere im Antriebsteil inzwischen ständig neue Risse zeigen, die repariert werden müssen.
Wo ist die Technik geblieben, mit welcher schon 1969 (angeblich) ein Direktflug zum Mond und zurück möglich war, 350.000 km hin und zurück? Seit rund fünfundzwanzig Jahren gibt es auf dem Gebiet der bemannten US-Raumfahrt keinerlei Weiterentwicklung. Auch die heutigen Flüge bewegen sich mit den selben alten Spaceshuttles nur unterhalb der 300-Kilometer-Grenze. Doch 1969 war es scheinbar ganz einfach, sechsmal zum Mond und zurück zu fliegen.
Vergleicht man die Leistungen zwischen der SATURN 5 und den Spaceshuttles, so kann man heute nur noch staunen. Obwohl die SATURN-Rakete nur etwa eineinhalbmal so viel Schubleistung hatte, können die Spaceshuttles nur ein Sechzehntel einer SATURN an Nutzlast ins All schaffen. Und nur in eine erdnahe Umlaufbahn, nicht etwa bis zum Mond und zurück, wie die SATURN!
Die SATURN 5 war die stärkste und sicherste amerikanische Rakete, die jemals gebaut worden ist, es gab keinen einzigen Fehlstart. Sie hatte die größte Transportkapazität und war wesentlich billiger als das Spaceshuttle-Transportsystem. Im Jahre 1990 kostete ein einziger Spaceshuttlestart mehr als dreimal so viel wie ein SATURN-Start. Warum hat die NASA eigentlich nach APOLLO die SATURN nicht weiter eingesetzt, um auf billige Art bei­spielsweise die Einzelmodule der ISS in die Erdumlaufbahn zu befördern? Anstatt für das Spaceshuttle ein völlig neues Raketen-Transportsystem zu entwickeln, hätte man auch das Spaceshuttle wie eine APOLLO-Kapsel auf eine SATURN aufsetzen können. Dieses System wäre billiger gewesen und hätte zudem mehr Nutzlast ins All befördern können.
Vergleicht man die Spaceshuttle-Leistungen mit denen der SATURN, so müsste es mit ihnen möglich sein, mindestens die halbe Entfernung zum Mond zurückzulegen. Es reicht jedoch nur bis in 300 km Höhe. Was stimmt hier nicht?
Wenn die Spaceshuttle-Werte realistisch sind, und davon ist auszugehen, muss man sich fragen, ob die SATURN-Raketen wirklich die Leistung hatten, um ein Raumfahrzeug bis zum Mond und zurück befördern zu können, oder war doch nur alles ein Bluff?


Gibt mir doch ein wenig Stoff zum Nachdenken...
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Re: Challenger Katastrophe

Beitragvon Claudine » So 2. Aug 2009, 18:18

Auch wenn es außer mir wohl kaum einen interessiert, habt ihr jemals von dieser Katastrophe in der ehemaligen SU damals gehört? Das war mir vollkommen neu, ich bin nachträglich noch entsetzt.

Unter Chruschtschow sah es so aus als wäre die Sowjetunion führend in der Raketentechnologie. Doch dem war nicht so. Es gab sehr wenige Semjorka Interkontinentalraketen und diese waren, wie ihr Gegenstück die Atlas, keine Waffe um bei einem Erstschlag zu reagieren. Dies war so, weil man sie nicht dauernd betankt lassen konnte, da der flüssige Sauerstoff laufend verdampfte.

Amerika arbeitete damals an der Titan mit lagerfähigen Treibstoffen, bei den Russen sollte die R-16 diese Rolle ausfüllen. Eine Rakete mit lagerfähigen Treibstoffen kann sehr schnell gestartet werden und ist damit geeignet das gegnerische Land zu treffen, auch nachdem dieser zuerst die Raketen gestartet hat. Seit 1956 genoss die Fertigstellung der R-16 oberste Priorität.

Daher war die rasche Indienststellung dieser Rakete dringlich, denn 1960 war die Sowjetunion nicht fähig bei einem Erstschlag mit ICBMs zurückzuschlagen, da sie über keine strategische Bomberflotte verfügte. Chruschtschow wollte vermeiden, dass die Amerikaner dies bemerkten, die damals die ersten Aufklärungssatelliten starteten.

So drängte man auf einen Erprobungsstart am 24.10.1960, obgleich Techniker die Rakete noch nicht für ausgereift hielten. Die Rakete wurde am 22.10.1960 mit 124 Tonnen 98 % (hochkonzentrierter) Salpetersäure und UDMH betankt - Der erste Treibstoff (Oxidator Salpetersäure) ist ätzend und der zweite giftig. Als man am Starttag weniger als eine Stunde vor dem Start Probleme bei der Elektronik feststellte, wurde nicht der Start abgebrochen und der Treibstoff wieder abgepumpt. Stattdessen arbeiteten die Techniker unter der persönlichen Aufsicht des Chefs der Raketenstreitkräfte General Nedelin an der noch aufgetankten Rakete weiter. Dieser setzte sich auf einen Stuhl, 8 m neben die Rakete, so dass niemand wagte die Startrampe zu verlassen, obgleich bei der aufgetankten Rakete nicht einmal Techniker etwas zu suchen hatten. 250 Personen, vor allem Beobachter und der Generalstab, daneben Techniker hielten sich neben einer Rakete mit 124 t hochgiftigen und ätzenden Treibstoff auf.

15 Minuten vor dem Start kam es zur Katastrophe - ein übermüdeter Techniker legte einen Schalter um und zündete damit die zweite Stufe. Der Flammenstrahl durchtrennte wie ein Schweißbrenner die Tanks der ersten Stufe und nach Sekunden explodierte diese. Überleben konnte nur der, der weit genug von der Rakete weg war und sofort zu laufen anfing. 106 Menschen, gelang dies nicht. Von General Nedelin wurde nur noch ein Teil einer Schulterklappe und der Stern des Ordens "Held der Sowjetunion" gefunden. Von vielen Toten gab es nur schwarze Flecken am Boden. (Dies ist allerdings auch nicht verwunderlich, denn konzentrierte Salpetersäure zersetzt nicht nur Fleisch sondern auch Knochen und viele Metalle). Innerhalb von 90 Sekunden waren die 124 t Treibstoff verbrannt.

Chruschtschow ließ das Unglück untersuchen, jedoch mit der Anweisung keinen Schuldigen zu bestrafen, wahrscheinlich weil auch er einsah, dass er eine Mitschuld am Unglück trug, denn auch er drängte auf einen raschen Start. Offiziell starben die Menschen bei einem Flugzeugunglück, damit versuchte man die wahre Ursache zu verschleiern. Dies ist bis heute - was die Zahl der Opfer betrifft - die größte Raumfahrtkatastrophe die offiziell bekannt geworden ist. Wie viele Menschen am 14.2.1996 bei dem Aufschlag einer Langen Mars 3B mit INTELSAT 708 in einem Dorf nahe der Startrampe ums Leben kamen ist bis heute nicht bekannt.

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