Faden für (oder gegen?) Klassische Musik




Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Centifolia » Di 14. Jul 2009, 19:17

Centifolia, ich muss nachhaken, irgendwo hab ich bei dir was von Bayern gelesen, du warst aber nicht zufällig in Regensburg zu deinen Chorzeiten?

Nee, ich war in Landshut in zwei Chören und später eine Zeitlang in einem Chor in Nürnberg und einem in Erlangen. Die Chorleiter waren Gottseidank alle auch modernen Stücken gegenüber aufgeschlossen und haben sich nicht nur auf den klassischen Mainstream beschränkt. Zu Bach, Händel, Mozart, Haydn etc habe ich nämlich leider gar keinen Draht.

Dennoch bin ich zur Zeit auf dem Mendelssohn Trip, wir singen im Chor die geistlichen Lieder und ich singe die Soli, die liegen mir einfach, die hat er für mich geschrieben.

Die Soli? :eek: :kotau: So gut bin ich nicht, bei mir reichts nur für den Chor (Alt). Mendelssohn ist mir ehrlich gesagt schon ein bisschen zu zivilisiert, zu schön, wenn du verstehst, was ich meine...

Generell mag ich es lieber, wenn schöne Melodien zu hören sind und schöne Klänge, ich mag beim Musikhören nicht verstört werden.

Ich finde die Klänge der "Modernen" gar nicht so verstörend; gerade weil sie nicht so hübsch und harmonisch sind, öffnen sie mein Herz weiter. Hmmm, das kann ich nicht so gut erklären... :naja:
Claudine hat geschrieben:es ist so selten, dass man mal jemanden trifft, der Honegger oder Sibelius kennt.

Von Honegger gibt es auch ein tolles Chorwerk, den "König David", den habe ich auch mal mitgesungen und sogar die Totenbeschwörerin von Endor gesprochen.

Claudine hat geschrieben:Kennst du Penderecki? Der ist auch gewöhnungsbedürftig.

Ja, aber zu dem hatte ich bisher zuwenig Zugang.

Claudine hat geschrieben:Da du Erfahrung hast, Centifolia, hast du auch jemals Orff gesungen?

Die Bernauerin nicht, aber natüüüürlich die Carmina Burana! :verliebt: :verliebt: :verliebt:

Was mir auch jedesmal total unter die Haut geht (beim Hören und beim Singen, ganz egal), ist das Deutsche Requiem von Brahms.

Oder wie stehts mit Distler? Der Totentanz ist eins der Stücke, die sich tief bei mir einprägten.

Ja, ganz wunderbar. Wobei wir die Möglichkeit hatten, uns für den Chor oder die Totentanzgruppe zu entscheiden, und ich habe mich für letzteres entschieden und die Jungfrau gesprochen. (Da war ich noch'n bisschen jünger :happy: )
Von Distler gibt es auch einige wunderschöne kleine Chorwerke, die habe ich bereits im Schulchor im Gymnasium kennengelernt. Wir hatten da eine sehr engagierte Musiklehrerin, die ein Verhältnis zur Musik dauerhaft geprägt hat. Kennst du den Film "Wie im Himmel"? Der hat mich sooooo an meine Schulchorzeit erinnert... :verliebt:
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Claudine » Di 14. Jul 2009, 20:03

Also das mit den Soli, ich kann schon recht gut singen, aber für die Konzertsängerin hat es aus diversen Gründen nicht gereicht. Für Landchöre reicht es und das ist mir auch genug.

Die Carmina Burana hab ich leider nie gesungen :naja: aber dafür mein Mann und daher kenne ich sie auch recht gut.

Was ich überhaupt nicht mag, ist Beethoven und zu Mozart hab ich auch nur bedingt Zugang.

Es gab für mich auch eine Zeit, da wollte ich tatsächlich keine Wohlklänge hören, ich kenne das gut, je schräger, desto besser. Wenn ich selber Chorstücke setze, müssen sie auch reiben und krachen, sehr zum Stöhnen meines Chores, aber am Ende gefällt es ihnen dann doch.

Aber ich schmelze einfach dahin bei "Hebe deine Augen auf" oder bei "Denn er hat seinen Engeln".

König David kenne ich nicht. Honegger ist mir ein Begriff wegen des Zug-Lieds. Ich weiß grad nicht mehr, wie das wirklich heißt, da wo er eben den Zug vertont.

Magst du Edvard Grieg? Den könnte ich auch stundenlang hören...

Das Brahms Requiem habe ich nur teilweise mitgeprobt und nicht mehr mit aufgeführt. Aber das ist schön... ja, schön, erhebend, ...

Den Film kenne ich nicht, ich finde es schön, dass du so eine Musiklehrerin hattest. Ich bin auch Musiklehrerin, aber ob ich die Liebe zur klassischen Musik so weitergeben kann, weiß ich nicht. Ich bemühe mich jedenfalls.
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Choclate » Di 14. Jul 2009, 22:14

Wir spielen jetzt als neue Overtüre mal zu Abwechslung nix von Rossini und Verdi. Diesmal ist Beethoven angesagt, im Herbstkonzert spielen wir Egmont. Jetzt im Sommerkonzert nochmal unter anderem Nessun Dorma und die Diebische Elster.
Kennt jemand von euch Tirol 1809? Das soll besonders in Bayern ein sehr bekanntes Stück sein.

:eis2:
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Claudine » Di 14. Jul 2009, 22:17

Kenn ich nicht...

Ihr habt ja auch ein ganz schön anspruchsvolles Programm.
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Centifolia » Di 14. Jul 2009, 22:24

Honegger ist mir ein Begriff wegen des Zug-Lieds. Ich weiß grad nicht mehr, wie das wirklich heißt, da wo er eben den Zug vertont.

Pacific 231 http://www.youtube.com/watch?v=xp80cHYVh2Q&feature=related
Meine erste Begegnung mit Honegger war die Sinfonie Liturgique. Es gab während meiner Gymnasiums-Zeit (vielleicht auch heute noch?) die sogenannten "Jugendkonzerte" der Münchner Philharmoniker, reguläre Konzerte zu einem Bruchteil des Eintrittspreises; die Karten wurden nur über Schulen usw verkauft. So kam ich jahrelang zu regelmäßigen Konzertbesuchen :verliebt:, bei denen dann auch das eine oder andere ungewöhnliche Stück zu hören war.

Die Musik von Honegger empfinde ich teilweise als ziemlich brutal und schmerzhaft, aber es gibt auch Stellen von wunderbarer Zartheit und Leuchtkraft, die sich mitten in dem Dunkel auftun. Als ich zum ersten Mal die Sinfonie Liturgique gehört hatte, war ich anschließend völlig aufgelöst. :weinen:

Dazu muss ich sagen, dass klassische Musik jedesmal ein sehr heftiges Kopfkino bei mir auslöst (allerdings nur die von mir bevorzugte Musik). Wenn ich ungestört bin, kann ich mich darin völlig verlieren; da kommen ganze Geschichten zustande. :lesen:

Der König David ist eine Mischung aus Oratorium und Melodram (mit Erzähler!) Das tolle beim König David ist, er funktioniert auch mit einem relativ kleinen Ensemble: Nebst der Fassung mit Orchester gibt es eine mit Klavier, Bläser und Schlagzeug.

Magst du Edvard Grieg? Den könnte ich auch stundenlang hören...

Ja, aber Sibelius noch lieber.

Das Brahms Requiem habe ich nur teilweise mitgeprobt und nicht mehr mit aufgeführt. Aber das ist schön... ja, schön, erhebend, ...

Bei der Stelle "Denn wir haben hie keine bleibende Statt"und anschließend "Der Tod ist verschlungen in den Sieg", da kriege ich ganz weiche Knie.

Den Film kenne ich nicht,
UUUUUnbedingt anschauen! Wenn man Chormusik mag und gar selbst macht, ist der zum Dahinschmelzen :verliebt: :weinen: :verliebt: Auch "Die Kinder des Monsieur Mathieu" oder "Mr Holland's Opus" gehen in diese Richtung, aber die spielen im Schulmilieu, während es bei "Wie im Himmel" um einen kleinen Dorfkirchenchor geht.
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Choclate » Di 14. Jul 2009, 22:26

Aber dafür macht es auch sehr viel Spaß. :ja: :ja: :ja:
Grad wenn der Dirigent das Talent hat, jeden dafür zu begeistern und einem das Gefühl gibt wichtig zu sein (auch wenn die Stimme noch so unbedeutend ist). Bei vielen anderen Dirigenten merkt man, ob es ein Trompeter oder z. B. Klarinettist ist, weil sie sich sehr auf die entsprechende Gruppe konzentrieren. Bei ihm merkt man es nicht.
Ich lass mich mal überraschen was noch an Stücken für den Herbst dazu kommt außer Egmont und Fluch der Karibik.

:eis2:
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Choclate » Di 14. Jul 2009, 22:28

Das Wochenende bin ich im Allgäu (Hauerz), da ist Kreismusikfest.

:eis2:
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Centifolia » Di 14. Jul 2009, 22:30

Egmont und Fluch der Karibik.

:happy: Das ist ja mal eine heiße Programmzusammenstellung! :coolvic:
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Claudine » Di 14. Jul 2009, 22:32

Ich bin eine Chortante. War immer in einem Chor, erst im Kinderchor, dann Kirchenchor, dann unzählige andere, war mir immer lieber als Orchester, wo ich mitspielen musste, weil ich eben Geige lernte.
:naja:

Zur Zeit habe ich zwei Chöre (als Leiterin) aber ich singe natürlich immer wieder mal auch aushilfsweise mit.

Gut, ich besorge mir den Film.

Du hast da viel mehr Zugang zur Moderne als ich, dabei war ich immer stolz darauf, dass ich überhaupt einen habe im Gegensatz zu meiner gesamten Umgebung.

Choki, da hast du Glück mit dem Dirigenten, es gibt solche und solche, jede Stimme ist wichtig als Teil des Ganzen!!!
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Choclate » Di 14. Jul 2009, 22:39

Centifolia hat geschrieben:
Egmont und Fluch der Karibik.

:happy: Das ist ja mal eine heiße Programmzusammenstellung! :coolvic:


So, daß jeder vom Geschmack her auf seine Kosten kommt. Der typische Marsch darf natürlich auch nicht fehlen. Wie z. B. der hier http://www.youtube.com/watch?v=CB8N1Mbk_tI :happy:

Ich persönlich spiel aus der klassischen Reihe sehr gern Rossini und ausschnittweise haben wir auch schon aus der Peer Gynt Suite gespielt :verliebt:

:eis2:
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Centifolia » Mi 15. Jul 2009, 07:06

Nanu, ich sehe gerade, dass ich meinen letzten Beitrag wohl ins Nirwana gesendet habe... :naja:

Claudine hat geschrieben:Du hast da viel mehr Zugang zur Moderne als ich

Nunja, allerdings einen sehr laienhaften und rein subjektiven. Ich gehe rein emotional an Musik heran, jede Analyse ist mir zuwider. im Musikunterricht ließ ich deshalb sogar mal eine Ex sausen, weil ich es nicht ertragen konnte, das "O Fortuna" aus den Carmina Burana zu analysieren und damit zu zerstückeln.

So etwas erinnert mich immer an dieses Gedicht von Goethe:
Die Freuden

Da flattert um die Quelle
Die wechselnde Libelle,
Der Wasserpapillon,
Bald dunkel und bald helle,
Wie ein Chamäleon;
Bald rot und blau, bald blau und grün.
O dass ich in der Nähe
Doch seine Farben sähe!

Da fliegt der Kleine vor mir hin
Und setzt sich auf die stillen Weiden.
Da hab ich ihn!
Und nun betracht ich ihn genau,
Und seh ein traurig dunkles Blau.

So geht es dir, Zergliedrer deiner Freuden!


Deshalb kann ich auch mit Bachs großartigen Konstruktionen nichts anfangen, weil die mir zu kopflastig sind. Ein Chorleiter hat uns mal den Aufbau des Sanctus aus der h-moll-Messe auseinanderklamüsert, ja ganz toll, aber ich höre Musik nicht, um mich kopfgesteuert an deren Symmetrie und Logik zu erfreuen. :gaehn: Das ist mir alles zu gekünstelt.
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Claudine » Mi 15. Jul 2009, 17:50

Achja, DAZU wollte ich doch noch was schreiben...

Ich habe einen fast rein analytischen Zugang zur Musik.
Mein Zulassungsthema war z.B:
Der Kanon bei Bach unter der besonderen Berücksichtigung der Canonischen Veränderungen über den Choral "Vom Himmel hoch, da komm ich her"

Da hab ich nach Herzenslust analysiert und wenn ich das manchmal heute noch lese, fasziniert es mich immer noch. Die Goldbergvariationen, die Canonischen Veränderungen, die Rätselkanons, das ist einfach fantastisch, wie Bach gearbeitet hat, ich schreib mich gleich wieder in Begeisterung.

Musik mit Zahlenakrobatik, mit Symmetrie,... wenn ich nur an die Johannespassion denke, und das Allerbeste daran ist, wenn man es hört oder musiziert, ist es MUSIK, Musik, die kein anderer bis heute schaffen und erreichen konnte (in meinen Augen und Ohren).

Vielleicht hat mich das ein wenig verdorben. Wenn ich Musik höre, kann ich es nicht mehr unbelastet tun, ich achte auf Akkordfolgen, auf Melodien, auf die ganzen kleinen Spielereien, und für mich ist gute Musik eine, die überrascht, die ungewöhnliche Wendungen hat, außergewöhnliche Akkordfolgen (z.B. House of the Rising Sun mit der Doppeldominante, auf die sofort die Subdominante folgt...)
Von daher ist für mich mainstream Musik nur Quälerei. Wenn Allein Allein, oder so ein ähnlich gestricktes nullachtfuchzehn Lied kommt, schalte ich den Radio (das Radio, ich weiß, aber ich komm aus Bayern) aus. Man kann es mir schwer recht machen, da habe ich schon öfter mit Bekannten gestritten, diskutiert, ...

Natürlich fragt man sich, warum ich dann Mendelssohn so liebe, aber er hat Klänge, die nur mehr schön sind, bei ihm fließt die Musik, ja, sie ist gefällig, aber sie ruht in sich und hat Aussagekraft (wenn man nur an Elias denkt) und sie rührt an meine Seele. Ist immer mit leicht depressivem Charakter, niemals wirklich fröhlich und unbelastet.
Und das in sich Ruhen vermisse ich bei Beethoven. Bei ihm macht es rumstata und tschindarassabum, Effekt auf Effekt, keine Ruhe, kein Ziel, er war ein unruhiger Geist, das merkt man in seiner Musik. Man weiß oft nicht, wo er denn nun hinwollte. Und ein Ende konnte er auch nicht finden.

Manchmal wünschte ich, ich könnte Musik hören, ohne sie zu zerpflücken so wie in dem schönen Gedicht, ich könnte den Gesamtklang hören und genießen, nicht mitdenken, sondern einfach wirken lassen.
Andererseits habe ich natürlich das Gefühl, ganz tief in der Musik drin zu sein. Vielleicht muss man das, wenn man selber viel musiziert und auch verantwortlich musiziert...

Oh, jetzt hab ich viel geschrieben :pfeif:
Aber bei diesem Thema reißt es mich fort...
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Centifolia » Mi 15. Jul 2009, 19:59

Dann sind wir sozusagen Gegenpole, du der Kopf und ich der Bauch. :smile:

Claudine hat geschrieben:Die Goldbergvariationen, die Canonischen Veränderungen, die Rätselkanons, das ist einfach fantastisch, wie Bach gearbeitet hat, ich schreib mich gleich wieder in Begeisterung.

Musik mit Zahlenakrobatik, mit Symmetrie,... wenn ich nur an die Johannespassion denke, und das Allerbeste daran ist, wenn man es hört oder musiziert, ist es MUSIK, Musik, die kein anderer bis heute schaffen und erreichen konnte (in meinen Augen und Ohren).


Das erinnert mich jetzt total an eine Folge aus Star Trek Voyager. :happy:

Bei sowas frage ich mich allerdings immer: hat Bach seine Musik wirklich wie ein mathematisches Konstrukt geschaffen? Oder war er so genial, dass das, was er schuf, automatisch so perfekt war?

Claudine hat geschrieben:Vielleicht hat mich das ein wenig verdorben. Wenn ich Musik höre, kann ich es nicht mehr unbelastet tun, ich achte auf Akkordfolgen, auf Melodien, auf die ganzen kleinen Spielereien, und für mich ist gute Musik eine, die überrascht, die ungewöhnliche Wendungen hat, außergewöhnliche Akkordfolgen (z.B. House of the Rising Sun mit der Doppeldominante, auf die sofort die Subdominante folgt...)

Das ist genau der Grund, weshalb ist das Analysieren von Musik immer abgelehnt habe. Wenn ich Musik höre, will ich nicht ihre Konstruktionslinien und Zirkelkreise sehen, sondern das fertige Bild. Die ganze Theorie wäre wie ein Gitter, das mich nicht als Ganzes in die Musik hineinlässt, oder als hätte ich nicht einen lebenden Menschen vor mir, sondern eine sezierte Leiche.

Im Kunstunterricht haben wir Bildanalyse gemacht, dem konnte ich mich nicht entziehen. Es hat danach lange gedauert, bis ich wieder ein Bild anschauen konnte, ohne dass es in meinen Gedanken sofort voller Konstruktionslinien war. In der Musik hätte ich diesen Zustand keinesfalls gewollt.

Was die bewussten schöpferischen Absichten angeht, so frage ich mich ohnehin bei allen Künstlern, nicht nur bei Bach und anderen Komponisten, sondern auch bei Malern, Dichtern usw, wie weit die Werke aus der Intuition, sozusagen aus einem von vorneherein genialen Bauch heraus entstanden sind oder tatsächlich mithilfe jener kopfgesteuerten Konstruktion, die wir später herausanalysieren.

Letzteres glaube ich nämlich nicht so ganz. ;-) Dazu hatte ich mal ein interessantes Erlebnis: im Deutschunterricht (witzig, jetzt kommen lauter alte Schulerlebnisse hoch :happy: ) wurden mal zur Abwechslung Gedichte analysiert, die in der Schülerzeitung standen, zufälligerweise war da auch eins von mir dabei. Und ich war bass erstaunt, was ich mir alles bei diesem Gedicht gedacht haben sollte! :eek: Tatsächlich war mir das Gedicht komplett (es war ein sehr kurzes) einfach so eingefallen. Als ich das schließlich sagte, war der Lehrer ziemlich irritiert. :happy:
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Claudine » Mi 15. Jul 2009, 20:20

Bei Bach ist man sich ziemlich sicher, dass vieles stimmt, denn er hat ja selber darüber geforscht und auch gelehrt.
Aber natürlich ist das meiste restlos übertrieben. Da gab es ganze Auswüchse an Interpretationen, vergiss es...
Die Beabsichtigten treten klar hervor. Z.B. seine Signatur, die symmetrischen Aufbauten, die Ordnung nach Tonarten, die Zahlenspielereien (der Teufel mit einer Quintole, Lieder über Gott in Terzen oder im Dreivierteltakt...)

Interessantes Thema, ja...
Bach war einfach genial. Und meine analytische Art Musik zu hören, hat schon auch ihren Reiz.
Mir geht es bei Bildern so, ich kann nur das Gesamte sehen, Einzelheiten bemerke ich gar nicht, ich kann nur sagen, ob mir ein Bild gefällt oder nicht, ob das Motiv mittig ist, ob die Farben passen, ob die Gesamtkomposition für mich stimmt.
Bei Büchern ist es mal so mal so, Bücher müssen mich ansprechen und mir etwas geben, wenn ich schon erraten kann, wie es weitergeht, lege ich das Buch zur Seite.
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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon Choclate » Do 29. Okt 2009, 23:32

http://www.youtube.com/watch?v=lvUwi_n-aNU
Das wird neben Egmont, Elsa`s Procession to the Cathedral, Fluch der Karibik noch eines unserer Stücke sein.
Ein wunderschönes Schwarzwurzel- äh Klarinettenkonzert von Mendelssohn. Allerdings dann in der Version für Orchester.

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Re: Faden für (oder gegen?) Klassische Musik

Beitragvon DolceNachGusto » Mi 17. Apr 2019, 10:43

Ich habe selbst über 10 Jahre lang Flöte (Sopran, Alt, Bass) gespielt und nun höre ich immer wenn ich zu Hause Home Office mache oder mich sonstwie konzentrieren muss Schubert.. Ohne geht nicht. Ich liebe klassische Musik, in vielen Situationen!
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